Ich, du, er/sie/es, wir, ihr, sie - Personalpronomen haben wir in der Grundschule gelernt. Ich hätte nicht gedacht, dass sie in meinem Leben mal eine so große Rolle spielen würden.
Ich werfe einen Blick in den Spiegel und wie immer sehe ich dieses Mädchen. Ich mag sie nicht, ständig verfolgt sie mich wie einen Schatten. Die anderen meinen, das wäre ich. Aber ich weiß es besser: Das bin ich nicht. Nicht ich - das kann ich gar nicht sein. So abscheulich kann doch kein Mensch sein, oder?Ich lächele, um meinen Schmerz zu verstecken. Ich lächele, um mich selbst zu belügen.
Du bemerkst nicht, dass ich dich schon eine ganze Weile anstarre. Vielleicht bemerkst du es ja doch und tust einfach so, als ob ich nicht da wäre. Einfach ein Stück Luft. Ich seufze traurig. Das machen ziemlich viele Menschen. Was du wohl über mich denkst? Was für eine Person bin ich in deinen Augen? Siehst du dieses dumme Mädchen, die mir jeden Blick in den Spiegel zur Hölle macht?
Ich lächele, um meinen Schmerz zu verstecken. Ich lächele, damit du nicht bemerkst, dass mit mir etwas ganz und gar nicht in Ordnung ist.
Er mag mich nicht. Ich bin seltsam und irgendwie anders, denkt er. Nicht so ein Mädchen wie die anderen, er erwartet von mir, dass ich mich verändere oder ihm wenigstens aus dem Weg gehe. Sie nutzt jede Gelegenheit, um hinter meinem Rücken über mich zu lästern. Sie findet mich abnormal und beschwert sich darüber, dass ich so ein Außenseiter bin. Merkt sie denn gar nicht, dass sie mich zum Außenseiter gemacht hat? Es ist so unfair. Alle sind gleich und glücklich zusammen. Ich bin allein und unglücklich, so anders, ohne es zu wollen. Ich kämpfe doch schon jeden Tag dagegen.
Ich lächele, um meinen Schmerz zu verstecken. Ich lächele, damit ich in die Menge abtauchen kann und mit meinem Verhalten nicht mehr auffalle.
Wir sind wir, doch ich habe nie dazugehört. Wenn wir von uns sprechen, dann fühle ich mich nie als ein Teil davon, ich habe nie dieses Gefühl, Teil von etwas zu sein, das gemeinsam stark ist. Ich bin eher ... das fünfte Rad, der Rest, das Übriggebliebene, der Mensch, für den man kein Platz finden konnte.
Ich lächele, um meinen Schmerz zu verstecken. Ich lächele, denn vielleicht könnte es mein Ticket in das "Wir" sein.
Ihr seht mich jeden Tag, seht das Lächeln und denkt, alles wäre in Ordnung. Doch ihr kennt diese ganze Welt in mir nicht. Diese Achterbahnen von Gedanken und Gefühlen, die so negativ sind, dass ich euch damit Angst machen würde, da bin ich mir sicher. Die Maske erfüllt bei euch ihre Aufgabe.
Ich lächele, um meinen Schmerz zu verstecken. Ich lächele, damit ihr niemals mich kennenlernen könnt, egal wie lange ihr mich schon zu kennen behauptet.
»Sie werden mich niemals verstehen«, denke ich am Ende des Tages, endlich alleine in meinem Bett, da keiner von mir etwas anderes erwartet, als einfach nur ich selbst zu sein. Kein herzzerreissendes Spiegelbild, keiner. Nicht du, und du auch nicht, sie ist auch nicht da - endlich bin ich einfach nur allein. Allein, wo ich keinem etwas vorspielen muss. Wo ich die Maske beiseitelegen und einfach weinen kann.
Ich lächele nicht, denn der Schmerz verschwindet nicht - er ist trotzdem da, egal wie sehr ich lächele.